Gedanken zur Wiederwahl in den SPD-Landesvorstand

Bewerbungsrede beim SPD-Landesparteitag am 27.01.19

29. Januar 2019

Als ich 2017 erstmals in den Landesvorstand gewählt wurde, wäre ich vor Stolz fast geplatzt. Nun, zu Beginn des Jahres 2019, sieht meine Gefühlslage anders aus und ich bin ehrlich gesagt in ernsthafter Sorge darüber, dass ich zu der Generation gehören könnte, die unsere einst stolze Volkspartei abwickeln muss.

Laut heute veröffentlichter Forsa-Umfrage würde die SPD bei der Landtagswahl nur noch auf 6 Prozent kommen. Deshalb habe ich eben auch wieder vielfach in Kommentaren gelesen, dass die SPD nun mal einfach aus der Zeit gefallen sei. Ich sehe das ganz anders! Unser Hoch vor etwa genau zwei Jahren hat doch gezeigt, dass sich die Leute nach einem linken Bündnis unter der Führung einer progressiven SPD sehnen. Plötzlich war die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Schulz wieder angesagt und hatte was zu erzählen. Leider haben wir die Chance, wieder als linke Volkspartei durchzustarten, mit einem ungeheuren Maß an Beliebigkeit verspielt und verkennen bis heute die absolute Notwendigkeit von klaren und glaubwürdigen Aussagen. Beim Landesparteitag am Wochenende habe ich jedenfalls eine ziemlich zerfaserte Antragsberatung mit wenig allgemeinverständlichen Botschaften erlebt. Da postulieren alle eine einfachere und deutlichere Kommunikationsstrategie und dann werden Anträge im Umfang einer Facharbeit beraten, die so umfassend, vielschichtig und komplex sind, dass sogar viele Delegierte Schwierigkeiten hatten, die einzelnen Antragstexte inhaltlich in Gänze zu durchdringen (mich mit mit eingeschlossen ;-)). Da stößt man sich an Anträgen, deren inhaltliche Kernforderungen absolut richtig und wichtig sind, weil minimalste Nebenaspekte nicht berücksichtigt wurden. Meines Erachtens müssen wir den Blick für das große Ganze und vor allem auch für das, was die Menschen wirklich bewegt, zurückgewinnen. An Themen dürfte es uns ja eigentlich nicht fehlen: Die Gesellschaft ist gespalten, die Armen bleiben arm oder werden ärmer. Rentner müssen Flaschen sammeln, selbstständige Putzkräfte können sich keine Krankenversicherung leisten, in den Entwicklungsländern leiden die Menschen zunehmend unter den Folgen des Klimawandels und wir wundern uns über zunehmende Flüchtlingszahlen. Auf diese sozialen Fragen unserer Zeit müssen wir in Zukunft mutigere und entschlossenere Antworten geben!

Mein Fazit zum Parteitag: Unsere inhaltliche Arbeit verkommt zunehmend zum reinen politischen Planspiel. Die Wählerinnen und Wähler lassen sich nicht durch schneidige Parteitagsreden oder Parteitagsbeschlüsse überzeugen, sondern nur durch eine gute Parlamentsarbeit mit Haltung!

In den kommenden zwei Jahren möchte ich als Landesvorstandsmitglied versuchen, vor allem auch an der Kampangenfähigkeit der SPD zu arbeiten. Um als 9%-Partei in Bayern noch wahrgenommen zu werden, müssen wir unsere strukturellen Vorteile stärker ausspielen bzw. wiederbeleben. Ja, wir sind schwächer geworden, haben aber immer noch deutlich mehr Mitglieder in der Fläche als beispielsweise die Grünen. Um diese wieder besser zu aktivieren, braucht es eine entschiedene Organisations- und Strukturreform!

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