Interview mit dem Wenzenbacher Landtagskandidaten Sebastian Koch

Aus dem neuen Schlossgeist:

Unser Bürgermeister Sebastian Koch kandidiert am 8. Oktober für den Bayerischen Landtag. Wir als Schlossgeist haben ihn gefragt, wieso er sich für diesen Schritt entschieden hat.

2014 wurdest Du mit 26 Jahren zum Bürgermeister Deiner Heimatgemeinde gewählt. Woran merken die Bürger*innen, dass in ihrem Ort ein Sozialdemokrat wirkt?

Sebastian Koch: Natürlich bin ich um Objektivität in meinen Amtsgeschäften bemüht, aber die sozialdemokratische Grundüberzeugung schwingt dennoch immer mit. Unsere Bilanz kann sich sehen lassen, zumal wir mit reichlich Engagement regelmäßig auch Verfehlungen und Versäumnisse der Staatsregierung kommunalpolitisch abfedern.

Aktuell steht bei uns zum Beispiel die Mittelschule im Ort stark im Fokus. Diese soll ab 2024 energetisch saniert und zu einer innovativen Lernlandschaft umgebaut werden. Damit versuchen wir, der völlig verkorksten Bildungspolitik der Staatsregierung entgegenzuwirken und die Mittelschule vor Ort zu stärken. Nirgendwo hängen Bildungschancen stärker vom Geldbeutel der Eltern ab als in Bayern.

Auch in puncto Wohnungsbau wirken wir korrigierend. Die in den letzten Jahren immer wieder vollmundig angekündigte soziale Wohnungsbauoffensive des Freistaats bleibt aus. Das belegt unter anderem die blamable Bilanz der 2018 gegründeten Bayernheim. Von den damals zugesagten 10.000 neuen Wohnungen bis 2025 sind noch keine 1.000 vorhanden. Wenzenbach wurde indes selbst auf dem Immobilienmarkt tätig. Durch die gemeindliche Erschließung und Vermarktung von Baugebieten oder den Bau von sozialgeförderten Wohnungen setzen wir der Immobilienpreisexplosion etwas entgegen. Investoren werden zudem in städtebaulichen Verträgen Preisobergrenzen für Baugrundstücke, Sozialwohnungsquoten und hohe energetische Standards beim Bauen vorgegeben.

2020 wurdest Du mit über 70 Prozent im Bürgermeisteramt bestätigt. Warum kandidierst Du dennoch für den Landtag?

Meine Tätigkeit in Wenzenbach bereitet mir nach wie vor große Freude. Allein ein Blick in den diesjährigen Haushalt der Gemeinde zeigt, dass ich weiterhin mit vollem Tatendrang und Gestaltungswillen für unsere Gemeinde im Einsatz bin. Dieser Haushalt belegt nämlich nicht nur die finanzielle Stärke Wenzenbachs, sondern er bildet auch viele ambitionierte Zukunftsprojekte in Millionenhöhe ab. Stellvertretend hierzu seien die Planungen zu einem Kinderhaus mit kombinierter Tagespflege für ältere Menschen sowie die angedachte Dorferneuerung in Grünthal angeführt.

Gleichwohl wird mir gerade im Bürgermeisteramt regelmäßig vor Augen geführt, wie wichtig neue politische Mehrheiten in Bayern wären. Meine kommunalpolitische Erfahrung, mein Gespür für Themen, die die Menschen umtreiben und meine Leidenschaft für sozialdemokratische Politik möchte ich daher gern für einen größeren Wirkungskreis einsetzen und zwar eben auf Landesebene. Deshalb stelle ich mich zur Wahl!

Gibt es Themen, die dir dabei besonders am Herzen liegen und die du demnach entschieden im Landtag angehen möchtest?

Die CSU rühmt sich der angeblichen Vorreiterrolle bei den Erneuerbaren. Wenn man sich aber nicht nur die absoluten Zahlen bei der installierten Leistung ansieht, sondern das Ganze in Relation zur Fläche und Bevölkerung nimmt, schmiert Bayern im bundesweiten Vergleich ab. Mit ihrer Verhinderungspolitik in puncto Windkraft und Stromtrassen haben Seehofer und Söder den Wirtschaftsstandort Bayern massiv gefährdet. Es braucht mehr bürgerenergiegenossenschaftliche Ansätze mit verpflichtender Gewinnbeteiligung der Gemeinden und BürgerInnen am vor Ort erzeugten Strom sowie eine ambitionierte PV-Pflicht auf Neubaudächern.

Bayern weist im deutschlandweiten Vergleich den höchsten Ölheizungsanteil im privaten Bereich auf. Das muss angepackt werden, wenn Bayern gemäß den Angaben unserer Staatsregierung bis 2040 klimaneutral werden soll und uns energiewirtschaftliche Unabhängigkeit wichtig ist. Freilich muss die Wärmewende sozial ausgestaltet sein und dem technologischen Fortschritt Raum lassen. Allzu häufig entzieht sich die Staatsregierung in diesen Krisenzeiten der Verantwortung mit Schuldzuweisungen in Richtung Bund oder wälzt die Herausforderungen der Energiewende auf Kommunen ab. Ich möchte hier als Abgeordneter den Freistaat in die Pflicht nehmen.

Ein anderes Thema, das mir aufgrund meines beruflichen Hintergrunds als Diplom-Finanzwirt am Herzen liegt, ist die Leistungsfähigkeit der seit Jahren äußerst stiefmütterlich behandelten Steuerverwaltung. Uns nützen die besten und gerechtesten Steuergesetze nichts, wenn das Personal fehlt, um diese anzuwenden oder deren Einhaltung zu kontrollieren. Wenn wir Steuergerechtigkeit in Bayern erreichen wollen, muss man sich jedenfalls auch um die Steuerverwaltung kümmern.

Gleiches gilt auch für Bayerns Kinderbetreuung. Wichtige Gradmesser von struktureller Qualität in diesem Bereich sind der Betreuungsschlüssel, die Gruppengröße und die Qualifikation des Personals. In allen Bereich schneidet Bayern laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung im bundesweiten Vergleich schlecht ab. Hinzu kommt, dass derzeit 60.000 Plätze im Krippen- und Kindergartenbereich fehlen. Für diese werden 14.500 Fachkräfte benötigt. Ich werde mich dafür stark machen, dass Kinderbetreuung und frühkindliche Bildung als systemrelevante Infrastruktur auskömmlicher finanziert werden und mit besserer Bezahlung sowie attraktiviere Arbeitsbedingungen eine echte Fachkräfteoffensive gestartet wird. Wie drängend das ist, wird zunehmend auch bei unseren örtlichen Einrichtungen ersichtlich.

Abgesehen von diesen thematischen Zielsetzungen sei natürlich erwähnt, dass ich als Bürgermeister durchaus erkannt habe, wie wichtig für die kommunalen Mandatsträger Ansprechpartner in der Bundes- und Landespolitik sind. Demnach ist es natürlich mein Anspruch für meine Heimatgemeinde, die Region Regensburg und die Menschen, die dort leben, immer ansprechbar zu bleiben, um deren Anliegen glaubwürdig im Parlament vertreten zu können.